Prenzlau 14.01.2011 >> Bericht

Prozess um Feuer im Haus des Stalkers von Prenzlau

Freispruch für vermeintlichen Brandstifter

Ein 28-jähriger Prenzlauer ist am Donnerstag vom Vorwurf der schweren Brandstiftung vor dem Schöffengericht des Amtsgerichts Prenzlau freigesprochen worden. Die knapp vierstündige Beweisaufnahme förderte nach Ansicht des Gerichts kaum Belastendes zutage.

Auf frischer Tat wollte die Polizei in Prenzlau einen mutmaßlichen Brandstifter festgenommen haben. Eine Streife in Zivil war auf das Feuer in einem Wohnhaus aufmerksam geworden und hatte die Flucht des 27-jährigen Mannes verhindert. So etwa lauteten die Meldung der Polizei am 5. Februar 2010. Bei dem Brand entstand ein Schaden von knapp 20.000 Euro.

Das Haus war ein brisantes Objekt. Gehört es doch dem sogenannten Stalker von Prenzlau, Dirk S., dem derzeit vor dem Landgericht Neuruppin der Prozess gemacht wird, und der am kommenden Montag damit rechnen muss, in eine psychiatrische Klinik eingewiesen zu werden. Die Außenmauer des Hauses war mit provozierenden Parolen beschmiert, und es gab einige Leute in Prenzlau, die genug Hass auf Dirk S. hätten entwickelt haben können, um sein Haus anzuzünden.

Während der gesamten Ermittlungen hatte Tobias A. geschwiegen. Jetzt im Prozess tischte der Maler und Lackierer eine Geschichte auf, die im ersten Augenblick recht unglaublich wirkte. Er sei bei einem Arbeitskollegen gewesen und habe reichlich getrunken. Danach sei er nach Hause gegangen. In der Mauerstraße habe er vor dem Haus von Dirk S., das er aus der Zeitung kannte, angehalten. Allerdings kenne er weder Dirk S. noch dessen Sohn, der zeitweilig in diesem Haus wohnte. Als er weitergehen wollte, sei er plötzlich von einem Unbekannten, den er zuvor nicht bemerkt habe, in den Magen geboxt worden und sei zu Boden gegangen. Er habe sich dann hochgerappelt und sei weggegangen. Den Einwurf des Richters, warum er denn nicht den direkten kürzeren Weg nach Hause genommen habe, konterte er mit der Aussage, dass er da an einer Kneipe vorbei müsse, an der er schon mehrfach belästigt und bedroht worden sei. Um diesen Ärger auszuweichen, habe er den Umweg gewählt.

Danach wurden sechs Zeugen gehört. Eine Nachbarin, die Teile des Geschehens von ihrem Schlafzimmerfenster aus beobachtet hatte. Die beiden Zivilbeamten, die Tobias A. festgenommen hatten. Ein weiterer Polizeibeamter, der kurze Zeit später mit einen Streifenwagen den Brandort erreichte, Der Feuerwehrmann, gleichzeitig Sohn des Hausbesitzers, der den Brand mit einem Kameraden löschte. Und ein Brandsachverständiger der Landeskriminalamtes, dessen Analyse belegte, dass es sich wirklich um eine Brandstiftung handelte und dass der Täter das Feuer im Haus mit Hilfe eines Feuerzeuges oder von Streichhölzern gelegt haben musste. Aber auch einen glimmende Zigarette konnte der Sachverständige nicht ausschließen. Dinge, die beim Angeklagten bei dessen Festnahme nicht gefunden wurden. Die Polizei hatte bei ihren Ermittlungen aber auch nicht überprüft, ob er diese Dinge zwischen Haus und dem Ort seiner Festnahme weggeworfen hatte.

Die beiden Zivilfahnder, die nebeneinander in einem Wagen gesessen hatten, widersprachen sich in ihren Aussagen. Sie hatten zwar jemanden aus dem Fenster springen gesehen. Aber während die eine Beamtin behauptete, ihr Kollege hätte die verdächtige Person sofort zu Fuß verfolgt, sagte der, sie wären beide im Wagen weitergefahren und hätten dann den jetzigen Angeklagten an einem Hausaufgang gefunden. Beide nahmen an, weil der nach Rauch roch, er wäre derjenige gewesen, den sie hatten durch das Fenster springen sehen.

Nachdem auch klar wurde, dass von der zerstörten Fensterscheibe sich noch scharfkantige Reste am Fensterrahmen befanden, dass der Täter das Haus aber nur durch dieses Fenster hatte betreten und verlassen können, war sich der Staatsanwalt sicher, jemand mit einem Blutalkoholwert von 2,55 Promille, wie das beim Angeklagten der Fall gewesen war, hätte sich beim Sprung oder Klettern durch das Fenster verletzt oder zumindest die Kleidung zerrissen. Das war aber nicht der Fall gewesen. Der Staatsanwalt plädierte auf Freispruch. Das Schöffengericht folgte ihm mit seiner Entscheidung. Die Brandstiftung wird wohl, wenn nicht Kommissar Zufall seine Finger ins Spiel bringt, für immer ungeklärt bleiben.

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