Prenzlau 16.08.2010 >> Bericht

Uckermark und sein Jugendamt

Konsequenzen aus dem Fall Jennifer

Neun Jahre lang hielten die Eltern von Jennifer W. ihre behinderte Tochter in ihrem Haus in dem uckermärkischen Dorf Lübbenow versteckt, bis die Behörden das Mädchen im Juli 2009 dort herausholten. Danach gab es hektische Schuldzuweisungen in der Öffentlichkeit und eine gründliche Analyse der Situation, die zu Veränderungen in der Arbeitsweise im Jugendamt des Landkreises Uckermark aber zu keinen personellen Konsequenzen führte.

Die Schlüsse aus dem Fall Jennifer seien bereits nach Abschluss der hausinternen Untersuchungen im August 2009 gezogen worden, erklärt Jörg Brämer, Leiter des Büros des Landrates, auf Nachfrage. Es habe eine Umstrukturierung innerhalb der Gliederung des Kreisjugendamtes gegeben, um zukünftig Fehler wie im Fall Jennifer zu vermeiden.

Bereits im Jahr 2006 war dem Jugendamt nach einem anonymen Hinweis die Existenz eines behinderten Kindes in der Familie bekannt geworden. Ein Mitarbeiter des Jugendamtes besuchte die Familie – allein. Ihm fielen auch Ungereimtheiten beim Schulbesuch Jennifers auf. Vorschriftsmäßig machte der Berufsanfänger seine Beobachtungen und Zweifel aktenkundig. Diese Akte gelangte versehentlich in eine falsche Ablage. Der Mitarbeiter übernahm kurz darauf andere Aufgaben. Und schon war Jennifer in der Flut von Tätigkeiten des Jugendamtes untergegangen und tauchte erst drei Jahre später nach der nächsten anonymen Anzeige wieder auf.

Es machen sich jetzt zwei Sozialpädagogen bei Hausbesuchen ein Bild von der Situation vor Ort. Außerdem sollen Akten im Falle des Verdachts der Kindeswohlgefährdung nur noch im Beisein eines dritten Mitarbeiters übergeben werden. Es sind zwar keine zusätzlichen sozialpädagogischen Mitarbeiter eingestellt worden. Aber durch Umverteilung von verwaltungstechnischen Aufgaben sollen sie jetzt mehr Zeit für die von ihnen betreuten Menschen haben.

Seit ihrer Entlassung aus der Klinik im September 2009 befindet sich Jennifer in einer Therapieeinrichtung. „Dort werden ihr stationäre Eingliederungshilfeleistungen gewährt“, so Jörg Brämer, „die darauf gerichtet sind, die Auswirkungen ihrer Behinderung zu mildern.“ Sie besuche eine Schule, die für geistig behinderte Kinder die geeignete Schulbildung und Betreuung anbiete. Und sie mache erkennbare Fortschritte, bestätigt Jörg Brämer, die immer wieder trainiert und gefestigt würden. Ob sich Therapieeinrichtung und Schule in der Uckermark befinden oder in Neubrandenburg wie es Presseberichten zu entnehmen war, ließ er allerdings offen.

Zu Informationen aus Behördenkreisen, dass es regelmäßig Probleme mit den Eltern gäbe und sie nicht den Kontakt zu Jennifer hielten, wie man es von Eltern erwarten könnte, wollte Jörg Brämer wegen des laufenden gerichtlichen Verfahrens keine Stellung beziehen. Allerdings betonte er, dass die Betreuung der Familie im Rahmen der Jugendhilfe weiterhin konsequent und unter Mitwirkung der Familienangehörigen erfolge. (peter huth)

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