Prenzlau 01.04.2010 >> Bericht

Polizisten missachten höchstrichterliche Entscheidung

Betrunkener Radfahrer freigesprochen oder Wenn der Kabarettist vom Drahtesel fällt

Prenzlau - In der vergangenen Woche ist der 31-jährige Matthias Machwerk – seines Zeichens Kabarettist, Comedian, Komiker, Künstler und Autor - vor dem Amtsgericht Prenzlau vom Vorwurf der Trunkenheit im Verkehr aus formalen Gründen freigesprochen worden. Die Staatsanwaltschaft legte mittlerweile Berufung gegen das Urteil ein.

Der Vorfall ereignete sich in den frühen Morgenstunden des 1. Mai 2009 in Prenzlau. Zwei Polizisten auf Streife beobachteten aus ihrem Bulli heraus, dass ein Fahrradfahrer plötzlich vom Fußweg abkam und einen Hang hinunterstürzte. Die Polizei eilte zum Ort des Geschehens, stellte bei dem Radfahrer Alkoholgeruch fest und ließ den Mann mehrfach pusten. Fehlanzeige, der Atemalkoholtest misslang. Der leitende Polizist ordnete die Entnahme einer Blutprobe im Prenzlauer Krankenhaus an. Die Untersuchung ergab dann einen Blutalkoholwert von 1,92 Promille.

Derartige Meldungen über alkoholisierte Fahrradfahrer und Blutproben anordnende Polizisten liest man recht häufig in den Polizeinachrichten der Uckermark. Der Fall schien klar. Ein Strafbefehl wurde erlassen. Dem wurde widersprochen. Es kam zur öffentlichen Hauptverhandlung.

Als dann der Angeklagte als Beruf Kabarettist angab, hätte man eigentlich eine unterhaltsame Verhandlung erwarten können. Doch seinen Humor schien er beim Betreten des Gerichtssaales verloren zu haben.

Zwei Verhandlungstage brauchte der Strafrichter, um zu einer Entscheidung zu kommen. Der Anwalt des Angeklagten zielte in seiner Verteidigung auf zwei Punkte: Zum Einem fragte er nach, warum kein Richter zur Anordnung der Blutprobe herbeigezogen worden war und zum Zweiten hatte sein Mandant immer bestritten, dass die Blutentnahme durch den Arzt durchgeführt worden war, der das Protokoll unterschrieben hatte. Er betonte immer wieder, es wäre eine Frau vermutlich eine Krankenschwester gewesen, die ihm das Blut abgezapft hatte.

Was regt sich der Mann da auf. Predigt er doch immer wieder von der Bühne herunter: „Krankenschwestern sind meine Traumfrauen.“ Wer hat schon das Glück morgens um halb Zwei von der Polizei zu seiner Traumfrau verschleppt zu werden. Dankbar müsste er sein, dass die Schwester und nicht der Arzt Hand angelegt hatte. Sind doch in seinen Bühnenaugen viele Ärzte Trinker, stehen sie in seinem Programm bei den suchtgefährdeten Gruppen ganz oben. „Ob man nicht wisse, wer er sei?“, soll er zu den Polizisten gesagt haben. Natürlich wussten sie das. Vielleicht kannten sie sogar sein Programm und brachten sie deshalb zur Krankenschwester. Dass er sich darüber aufregte, zeigt eins: der Mann versteht keinen Spaß.

Bei der Anordnung der Blutprobe berief sich der leitende Polizeibeamte auf Gefahr im Verzuge. Diese Vorgehen war jahrzehntelang kein Problem. Doch seit einem Urteil des Verfassungsgerichtes aus dem Jahre 2007 reicht das nicht mehr aus. Die Polizisten müssen versuchen, einem Richter zu erreichen. Sie müssen ihr Bemühen dokumentieren. Speziell beim Blutalkohol lassen sich dessen Werte auch bei einer späteren Blutentnahme zurückrechnen. Damit ist die Gefahr nun wirklich nicht mehr im Verzuge.

Zur Klärung des zweiten Problems – wer entnahm den nun das Blut - musste der Arzt in den Zeugenstand, der das Protokoll unterschrieben hatte. Er erkannte den Angeklagten nicht wieder. Er konnte sich an die Blutentnahmen nicht mehr erinnern. Er gab zu, dass es medizinische Notsituationen gäbe, die dazu führen könnten, dass die Blutentnahme durch eine Krankenschwester durchgeführt werden muss.

Die beiden Polizisten hatten allerdings im Zeugenstand behauptet, die Blutentnahme wäre durch einen Mann durchgeführt worden. Am Ende des ersten Prozesstages sagte der Strafrichter noch, das Vorgebrachte reiche nicht für einen Freispruch. Am Ende des zweiten Tages hieß es, Freispruch aus formalen Gründen.

Bleibt noch die Frage zu beantworten, was einer, der sich im Netz mit den Wohnorten Berlin und Dresden präsentiert, in der uckermärkischen Kreisstadt Prenzlau verloren hat. Dass er sich auf dem Radfernweg Berlin-Usedom befand als er von den Polizisten aufgegriffen wurde, kann getrost bezweifelt werden. Matthias Machwerk war auf Heimatbesuch. Er ist gebürtiger Prenzlauer. Mit der Berufung durch die Staatsanwaltschaft bekommt unser Gerd Müller des Geschlechterkampfes (Eigenwerbung) eine zweite Chance zu beweisen, dass er doch Sinn für Humor hat.

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