Hammelstall 19.03.2008 >> Bösartige Bemerkungen

Bagemühl im Visier der MetroPolen

Bemerkungen zum Artikel „Freundliche Übernahme“ aus dem Berliner „Tagesspiegel“ vom 16.03.2008.

Es ist schon schön, wenn der Nordosten der Uckermark einmal von den Hauptstadtgazetten wahrgenommen wird. Fast zeitgleich erschien die „Freundliche Übernahme“ von Claus-Dieter Steyer im Berliner „Tagesspiegel“ und den „Potsdamer Neuesten Nachrichten“.

Schon die ersten Sätze des Artikels von Claus-Dieter Steyer bereiten Freude: „PRENZLAU - An die alte Dorfkneipe erinnert nur noch der Name „Zur Linde“. Alles andere hat Marian Kazmierczak, der neue Eigentümer, gründlich verändert.“ Wo in aller Welt gibt es in Prenzlau eine Dorfkneipe „Zur Linde“? fragt sich der Ortskundige. Und weiter geht es: „Und dabei befindet sich das vor vier Wochen wiedereröffnete Lokal in einem Ort, der nicht mal auf jeder Landkarte steht. 74 Menschen leben in Bagermühl …“Ach, er meint gar nicht Prenzlau, er meint Bagermühl. Kein Wunder, dass Claus-Dieter diesen Ort nicht auf der Landkarte findet, es gibt ihn gar nicht. Er hätte mal richtig vom Ortsschild abschreiben sollen, da stand nämlich Bagemühl. Und Bagemühl ist beim Map-Googeln nicht zu übersehen.

Prenzlau, die nächste größere Stadt, liegt 35 Kilometer entfernt.“ In der Bildunterschrift der gedruckten Ausgabe steht, dass Prenzlau 25 Kilometer entfernt liegt. Ja, was denn nun, 25 oder 35. Google Maps zeigt sich hier von seiner kompromisslerischen Seite und schlägt 29,5 vor. Bei soviel Unsicherheit fahren wir doch lieber die 40 Kilometer über die Landstraße nach Stettin. Das ist einfacher, und der Sprit ist auch billiger.

Dazwischen (Claus-Dieter meint zwischen Bagemühl und Prenzlau) dominiert die Einöde.“ Er nennt den Nordosten der Uckermark, diese kuppige, offene Ackerlandschaft von großem Wert (Landschaftsgutachten im Auftrag der Regionalen Planungskommission), diese im Berliner Grips-Theater als „Toskana des Nordens“ besungene Landschaft (tsp 13.03.2004), eine Einöde. Ich glaube, er hat da was velwechsert (Jandl), und die Einöde dominiert in seinem Hirn. Außerdem gibt es mindestens 20 Ortschaften zwischen Bagemühl und Prenzlau und nicht nur ein paar Einzelgehöfte, was ja die Voraussetzung für die Bezeichnung "Einöde" wäre.

Natürlich darf in solch einem Artikel auch Löcknitz nicht fehlen. O-Ton Claus-Dieter: „In der knapp 3000 Seelen großen Stadt Löcknitz,“ Stop! Löcknitz ist ein Dorf. Weiter: „im benachbarten Vorpommern an der Landstraße nach Stettin gelegen (richtig!), sind Mitte Januar mehrere polnische Autos demoliert worden (auch richtig!). … Doch vor allem die hier sehr aktive NPD macht weiter Stimmung gegen diese Entwicklung und fordert einen Zuzugsstopp für Polen und die Schließung der Grenzen.

Claus-Dieter tut so als hätte er jüngst mit dem Bürgermeister von Löcknitz, Lothar Meistring, telefoniert. Der bestreitet das gegenüber „Windmuellers-Land“. Er habe in der letzten Zeit lediglich mit der „Frankfurter Rundschau“ geredet. Hätte Claus-Dieter mit Lothar Meistring geredet, hätte der ihm vielleicht folgendes über die deutsch-polnische Entwicklung erzählt: Da gibt es in Löcknitz einen sehr deutschen Bauunternehmer. Der baute in den letzten Wochen am Brüssower Marktplatz Firmenräume um. Brüssow, das ist die Stadt zu der Bagemühl gehört. Dort tat er das im Auftrag der Hausbesitzerin, eben jener polnischen Maklerin, die Claus-Dieter so fleißig in seinem Artikel zitiert. Beim letzten Löcknitzer Burgfest war unser sehr deutscher Bauunternehmer noch von der Polizei aus der Menge gefischt worden, weil er ein T-Shirt mit der Aufschrift trug „Löcknitz bleibt deutsch, Grenzen dicht“.

Zugegeben die Überschrift von Claus-Dieters Artikel klingt gut, „Freundliche Übernahme“. Aber sie ist inhaltlich falsch. Wenn in den letzten Jahren jemand Häuser und Gehöfte übernommen und instand gesetzt hat, dann waren das Berliner auf der Suche nach Ruhe. Der neue Trend, dass Stettiner jetzt die restlichen leerstehenden Häuser aufkaufen, steht dazu noch in keinem Verhältnis. Der Unterschied zu den Berlinern ist, dass viele junge Familien kommen, die Kinder in die Dörfer und Städte bringen.

Bleibt noch eine Bemerkung zu einem Foto und den Bildunterschriften. Die Bildunterschrift online ist dreiste Manipulation. Das Foto zeigt den Blick durch das Stettiner Tor auf die Dr.-Wilhelm-Külz-Straße in Prenzlau. Der Text behauptet „Prenzlau erstrahlt: Immer mehr Polen entdecken die Uckermark für sich und möbeln leerstehende Häuser und Restaurants auf.“ Die auf dem Foto gezeigten Häuser haben aber gar nichts mit polnischen Engagement in Prenzlau zu tun. In der gedruckten Ausgabe ist das verändert. „Dass Prenzlau als nächste größere Stadt 25 Kilometer entfernt liegt, hat den neuen polnischen Besitzer des Restaurants „Zur Linde“ in Bagemühl nicht abgeschreckt.“ Warum sollte es das tun? Erstens sind es 29,5 Kilometer und zweitens: Polen, die im Speckgürtel von Stettin Restaurants aufmachen, sei es nun in Mescherin oder in Bagemühl, denen geht doch die Entfernung zu Prenzlau am Arsch vorbei. (ph)

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