Hammelstall 27. Juni 2007 >> Bericht

Prenzlauer Bürgermeister absolviert Schnellkurs im sozialen Wohnungsbau

Und er ist doch gleicher als gleich

Der Bürgermeister der Uckermärkischen Kreisstadt Prenzlau Hans-Peter Moser (Die Linke), soll eine bedürftige deutsch-türkische Familie mit Kind aus einer Sozialwohnung vertrieben haben, um diese für sich selbst zu nutzen. Demnächst beschäftigt sich ein Untersuchungsausschuss des Stadtparlamentes mit den Vorgängen.

Nachdem das Gerücht durch die Stadt waberte, der Bürgermeister Prenzlaus Hans Peter Moser wohne trotz seines hohen Gehaltes in einer Sozialwohnung, stellten sich Hans-Peter Moser und der Geschäftsführer der Wohnbau GmbH Jörg Schumacher in einem gemeinsamen Interview der lokalen Presse. Moser, der zugleich Aufsichtsratsvorsitzender der Wohnungseigentümerin Wohnbau GmbH ist, und Schumacher versuchten so, ihr Vorgehen zwecks Wohnraumbeschaffung für den Bürgermeister ins rechte Licht zu rücken.

Beide erklärten, dass sie zum Zeitpunkt der Besichtigung der infrage kommenden Wohnung keine Ahnung von deren Vermietung hatten. Soviel zur Kompetenz des Geschäftsführers und seiner Übersicht über das von ihm geführte Unternehmen. Außerdem behauptete Schumacher, dass man den Mietvertrag im gegenseitigen Einvernehmen mit der Familie lösen konnte und ihr eine vergleichbare Wohnung angeboten habe. Wörtlich sagte er: „Wäre dieses Einvernehmen nicht hergestellt worden, hätte Herr Moser die Wohnung nicht bekommen.“

Wie dieses gegenseitige Einvernehmen aussah, schilderte die um ihren Sozialwohnungsmietvertrag gebrachte Familie Akbaba einige Tage später einer Reporterin des RBB. Dabei wurde klar, dass die junge Familie keineswegs freiwillig den Mietvertrag zurückgegeben hat. Er wurde ihnen ohne Angabe von Gründen wieder entzogen. Bettina Akbaba vermutete Ausländerfeindlichkeit hinter der Kündigung und wollte sogar den Bürgermeister von Prenzlau um Hilfe bitten. Die Ersatzwohnungen, die den Akbabas von der Wohnbau GmbH angeboten wurden, waren in einem katastrophalen Zustand und mit der zum 1. Mai angemieteten Wohnung überhaupt nicht vergleichbar. Ihre jetzige Wohnung entdeckten sie ohne das Zutun der Wohnbau GmbH, und sie waren auch nach einem Monat noch richtig wütend über das Vorgehen der Wohnbau GmbH.

Unterdessen wurde bekannt, dass Bürgermeister Moser kurz nach der Besichtigung sehr wohl über den bestehenden Mietvertrag mit Familie Akbaba informiert worden war. Dazu erklärte Moser auf Nachfrage, dass er keinerlei Druck ausgeübt habe, um den Mietvertrag mit den anderen Interessenten auflösen zu lassen: „Ich habe nur erklärt, dass ich nach wie vor Interesse habe.“ Wenn das mal kein Druck ist. Familie Akbaba jedenfalls fühlte sich um die Wohnung betrogen.

Die Sache mit dem Wohnberechtigungsschein (WBS)

Bürgermeister Moser ist ein moderner Mensch. Er suchte sich seine neue Wohnung im Internet und behauptete, es hätte auf der Wohnbau Website keinen Hinweis auf die Notwendigkeit eines WBS gegeben. Geschäftsführer Schumacher gestand großzügig zu, dass man diesen Hinweis übersehen könnte. Tatsache ist, die Website wirkt unprofessionell und ist schlecht gepflegt. So sind zum Beispiel Aufsichtsratsmitglieder der städtischen Firma mit falschen Parteizugehörigkeiten gelistet. Aber die „1“ unter der Überschrift WBS, die wäre nicht zu übersehen gewesen.

Peinlicher wirkte Mosers Erklärungsversuche zum WBS in einem Beitrag der TV-Sendung „Brandenburg Aktuell“. Er habe gedacht, dass mit WBS die DDR-Wohnungsbauserie 70 gemeint sei. Erst sah er den Hinweis gar nicht, dann dachte er, es handelt sich um einen Plattenbau. Der Bürgermeister scheint weder die Plattenbaugebiete seiner Stadt zu kennen noch als Aufsichtsratsvorsitzender der Wohnbau GmbH etwas vom Metier „geförderter Wohnungsbau“ zu verstehen. Der Wohnberechtigungsschein (WBS) ist eine amtliche Bescheinigung, mit deren Hilfe ein Mieter nachweisen kann, dass er berechtigt ist, eine mit öffentlichen Mitteln geförderte Wohnung ("Sozialwohnung") zu beziehen, wenn das Einkommen einen vom Land festgelegten Betrag nicht übersteigt. Das allerdings kann man vom Prenzlauer Bürgermeister wahrlich nicht behaupten.

Aber zumindest hier wusste Jörg Schumacher bescheid. Zügig am 3. Mai ging ein Antrag auf Befreiung von der sozialen Bindung der Wohnung an die Investitionsbank des Landes Brandenburg (ILB), die übrigens von Bürgermeister Mosers eigener Behörde nicht befürwortet wurde. Am 10. Mai wurde der Mietvertrag mit Moser abgeschlossen. Am 1. Juni zog er ein. Zitat Schumacher: „Die Antwort der ILB traf nach Abschluss des Mietvertrages ein. Wir konnten aber davon ausgehen, dass diese positiv ausfällt, da dieses bisher in jedem beantragten Fall so gewesen ist.“ Hier irrte Herr Schumacher, oder sollte er etwa die Unwahrheit gesagt haben? Die ILB hat bis heute nicht über den Antrag entschieden. Bürgermeister Moser wohnt unberechtigt in einer Sozialwohnung. Das hat dann auch Moser erkannt und erklärt, dass er zum 1. Juli wieder ausziehen werde: „Auf keinen Fall will ich riskieren, dass die Wohnbau GmbH für diese Wohnung Fördermittel zurückzahlen muss.“

Zumindest für Familie Akbaba hätte es ein Happy End geben können. Am Montag dieser Woche besuchte der Geschäftsführer der Wohnbau GmbH, Jörg Schumacher, die Familie und entschuldigte sich. Dazu bot er ihnen die alte Wohnung wieder an und versprach die volle Kostenübernahme für den Umzug. Doch die haben nach einer Nacht Bedenkzeit dankend abgelehnt.

Man darf gespannt sein, ob der Aufsichtsrat der Wohnbau GmbH wie von der örtlichen CDU gefordert die Reißleine zieht und Geschäftsführer und Aufsichtsratsvorsitzenden ob dieser Machenschaften von ihren Posten verjagt. Der Untersuchungsausschuss des Stadtparlamentes wird sich erst in der nächsten Woche konstituieren. (peter huth)

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