Hammelstall 17. Februar 2006 >> Bericht

Windfabrik Wolfsmoor

Genehmigungsbescheid liegt seit gestern aus

Der Firma Enertrag Windfeld Wolfsmoor GmbH & Co KG, Nechlin 07, 17337 Uckerland OT Nechlin wurde die Genehmigung erteilt in Brüssow 22 Windkraftanlagen mit einer Gesamthöhe von mehr als 50 Metern zu errichten und zu betreiben. Der Genehmigungsbescheid sowie die dazugehörigen Unterlagen liegen zwei Wochen vom 16. Februar 2006 bis einschließlich 1. März 2006 im Amt Brüssow aus und kann dort während der Dienststunden von jedermann eingesehen werden.

Gegen diesen Bescheid kann binnen eines Monats nach dessen Zustellung schriftlich oder zur Niederschrift Widerspruch eingelegt werden. Der schriftliche Widerspruch ist an das Landesumweltamt Brandenburg, Regionalabteilung Ost, Genehmigungsverfahrensstelle, Müllroser Chaussee 50 in 15236 Frankfurt (Oder). Wer seinen Widerspruch zur Niederschrift einlegen will, muss sich nach Frankfurt ins Landesumweltamt begeben.

Fledermäuse mangelhaft begutachtet

Kritik wird in den Genehmigungsunterlagen am Fledermausgutachten geübt. Bemängelt wird, dass sogenannte Hochboxen zur Feststellung der Flugaktivitäten der Fledermäuse lediglich an den Rändern des Windfeldes aufgestellt worden sind. Es wäre jedoch wichtig gewesen, meint das Landesumweltamt, eine weitere Horchbox im Bereich des Feuchtgebietes nahe des Zentrums des Windpark zu installieren und auszuwerten. Außerdem wird bemängelt, dass Aussagen zu Fledermausaktivitäten im Zeitraum April bis Mitte Mai (Frühjahrszug) und Ende Mai bis Anfang Juli (Reproduktionszeit) fehlen.

So richtige Konsequenzen will das Landesumweltamt daraus aber nicht ziehen. „Obwohl die Feststellung des Gutachters hinsichtlich einer ‚geringe Nutzung durch Fledermäuse’ für das gesamte Gebiet auf Grund des unzureichenden Untersuchungszeitraumes Frühjahr und Frühsommer nicht als vollständig abgesichert gelten kann, wird dieser Bewertung trotzdem grundsätzlich gefolgt.“ So einfach ist das. Gibt es keine Untersuchung, wird der Einschätzung des Gutachters gefolgt. Lediglich im Bereich eines Windrades wird eine „mittlere Flugaktivität“ konstatiert, was zu Einschränkungen des Windradbetriebes führen wird.

Vögel werden verjagt, Brutplätze zerstört

Der zweite kritische Punkt findet sich im avifaunischen Gutachten. Immerhin bildet das Gutachten der Firma SALIX (Stand April 2004) (SALIX-Kooperationsbüro für Umwelt- und Landschaftsplanung, Dr. Wolfgang Scheller) für das Landesumweltamt eine ausreichende Grundlage für die Beurteilung der Betroffenheit der Vogelwelt durch die Errichtung der 22 Windkraftanlagen im Windpark Wolfsmoor. Den Bewertungen des Gutachters kann bis auf die vom Gutachter selbst vorgenommenen Veränderungen der kritischen Abstände von Kranich- und Rohrweihebrutplätzen zu Windkraftanlagen gefolgt werden.

Der Gutachter Dr. Wolfgang Scheller leitet an Hand eigener Untersuchergebnisse tierökologische Abstände von 350 m für den Kranich und von 400 m für die Rohrweihe ab. Diesen Versuch, die bereits für den speziellen Bereich der Uckermark auf 500 m reduzierten tierökologischen Abstand für Kranich und Rohweihe weiter zu verkürzen, folgt das Landesumweltamt nicht.

Bei 6 Brutplätzen des Kranichs und 2 Brutplätzen der Rohrweihe wird der festgelegte tierökologische Abstand von 1000 m zu Windkraftanlagen unterschritten. Den Ergebnissen von Untersuchungen durch Dr. Scheller (2002 und 2004) folgend, vermutet das LUA für die Uckermark, dass der tierökologische Abstand zu Windkraftanlagen für die Vogelarten Kranich und Rohrweihe geringer als 1000 m anzusetzen ist. Allerdings verlangt es aufgrund der unsicheren Datenlage ein 3-jähriges Monitoring für die Brutplätze von Kranich und Rohrweihe zwischen 500 und 1000 Metern. Außerdem müssen die während dieser Zeit aufgegebenen Brutplätze ersetzt werden.

Beim LUA geht man davon aus, dass die Brutplätze von Kranich und Rohrweihe mit Abständen kleiner 500 m zu Windkraftanlagen infolge Vergrämung zerstört werden. Ein Baubetrieb während der Brutzeit ist mit Störungen an den Niststätten geschützter Vogelarten verbunden.

Debakel für den Vogelschutz

Eigentlich ein Debakel für den Vogelschutz. Aber nicht für die Verantwortlichen von LUA und Enertrag. Kurzerhand wird der Bau von Windrädern zum Gemeinwohl erklärt. „Die Befreiungsvoraussetzung bezogen auf die Brutplätze der Avifauna gemäß § 62 Abs.1 Nr.2 BNatSchG wird als gegeben angesehen, weil die mit der Stromerzeugung durch Windkraftanlagen verbundene Reduzierung des Ausstoßes von Stickoxiden als gewichtiger Belang des Gemeinwohls einzuordnen ist und an der Konzentration von Windkraftanlagen innerhalb der ausgewiesenen regionalplanerischen Eignungsgebiete ein erhebliches öffentliches Interesse besteht.“

Hier stellt sich die Frage, warum man in der Argumentation auf die Stickoxide abhebt und nicht alle sogenannte Kyotogase einbezieht? Vielleicht war es nicht der Mühe wert. Es ist interessant zu wissen, dass in Brandenburg die Braunkohleverstromung massiv forciert wird.

Schon im Jahr 2000 war sie um fast 15 % höher als 1996 prognostiziert, wobei der Strom nahezu vollständig in die anderen Bundesländer exportiert wird. Damit ist klar, dass die Ziele, die sich die Brandenburgisch Landesregierung in Bezug auf das Kyoto-Protokoll bis 2010 gestellt hat, nicht erreicht werden können. Außerdem kann man davon ausgehen, dass niemand in Brandenburg beabsichtigt, bei neugewonnenen Windstrom im Gegenzug die Stromgewinnung aus fossilen Energieträgern zu reduzieren.

Es ist eher das Gegenteil der Fall. Dazu eine Pressemeldung über den Energiekonzern E.ON. Der hat ein stillgelegtes Gaskraftwerk wieder ans Netz gebracht. "Die Marktkonstellation hat sich so verändert, dass Teile der konservierten Kapazitäten am Markt offenbar wieder wirtschaftlich zu betreiben sind", sagte E.ON- Energie-Vorstand Bernhard Fischer der Tageszeitung "Die Welt" (letzen Dienstag). Aufgabe des Kraftwerks "Emden 4" sei es vor allem, als "Spitzenlast-Kraftwerk" das schwankende Aufkommen an Windenergie auszugleichen.

Im vergangenen Jahr habe E.ON Kraftwerke mit einer installierten Leistung von 1800 Megawatt als "Kaltreserve" vorübergehend stillgelegt, sagte Fischer. Das entspricht in etwa der Kapazität von drei großen Gas- oder Kohlekraftwerken oder rund sechs Prozent der inländischen Kapazitäten von E.ON. (peter huth)

zurücknach oben