Hammelstall 28. Januar 2006 >> Kritik

Der gute Mensch von Dauerthal oder Ölteppiche in der Uckermark

Bemerkungen zum Artikel „Stromerzeuger unterstützt Gemeinden und Vereine“; Prenzlauer Zeitung (PZ) vom 31.12 2005.

„Mit über 127 000 Euro habe die in Dauerthal ansässige Firma ENERTRAG die Arbeit von Gemeinden und Vereine im Jahr 2005 unterstützt, hebt Stefan Wagner in einer Pressemitteilung hervor. Einen „großen Brocken“ habe der uckermärkische Stromerzeuger an sechs Dorfvereine der Gemeinde Casekow gespendet. Aber auch in Prenzlau und Brüssow, den Gemeinden Uckerland und Schenkenberg habe sich ENERTRAG engagiert“. Kaum flattert eine Pressemitteilung der Enertrag ins Haus, setzt bei den Redakteurinnen der Prenzlauer Zeitung der Verstand aus und unreflektiert wird wiedergekäut, was die Windjunker so von sich geben.

Den Vogel abgeschossen hatte eine PZ-Schreiberin im Juni 2005 mit dem Artiel: "Stören Windräder Kraniche?". Getarnt als (UK) hatte sie Jörg Müller, den Vorstandsvorsitzenden des uckermärkischen Windenergiebetreibers, in seiner unnachahmlich Travis-Bickle-Logik zu Wort kommen lassen: „Tatsächlich haben im Nordosten Deutschlands die Bestände der Seeadler und anderer bedrohter großer Greifvogelarten in den letzten Jahren genauso zugenommen wie die Windräder“. Woraus er dann sogleich folgerte: „Enertrag betreibt aktiven Vogelschutz.“ Als plastisches Beispiel führte er ergänzend an, dass man in den Windfeldern Storkow und Uckermark Fledermausquartiere eingerichtet habe. Außerdem retten die erneuerbaren Energien – also seine Windräder in der Uckermark - jenen Vögeln das Leben, die sonst in den Ölteppichen verenden.

BMW-Fahrer Müller bezog sich in seinen Äußerungen auf eine Untersuchung des Naturschutzbundes Deutschland e.V. (NABU), in der 127 Einzelstudien aus zehn Ländern ausgewertet wurden.

Im Gegensatz zu Herrn Müllers Äußerungen, hat der Vogelschutzgutachter Dr. Wolgang Scheller, ein in Bezug auf tierökologische Abstandsregeln den Windrädern sehr nahe kommender Gutachter, auf dem Erörterungstermin zum „Windfeld Wolfsmoor“ im September 2005 betont, dass es gerade junge Seeadler sind, die immer durch Windräder geschreddert werden.

Zurück zur Spendenwut der Enertrag. Der „großen Brocken“, den Herr Wagner hervorhebt, war – folgt man der PZ-Berichterstattung vom 20. Juli 2005: "Enertrag spendet Vereinen 115 000 Euro" – 115.000 Euro schwer. Ist es nicht verwunderlich, dass hier die einen (Casekow) so viel und dort die Anderen (Prenzlau, Brüssow, Uckerland, Schenkenberg , Wallmow wurde vergessen) im Verhältnis so wenig bekommen. Ist das nicht eine Nachfrage wert? Wird man da als Journalist nicht hellhörig? Bei den Verantwortlichen der Prenzlauer Zeitung anscheinend nicht.

Dieses Geld hat beileibe nichts mit sozialem Engagement zu tun. „Windmüllers Land“ hatte bereits im Juli 2005 über die Spende mit der Bürgermeisterin von Casekow, Donata Oppelt, gesprochen und erfahren, dass diese Gelder einen anderen Ursprung hatten. Tatsächlich ergab sich diese Summe aus drei Zeilen eines Vertrages zwischen Enertrag und der Gemeinde Casekow, die damals gestrichen worden sind. In diesen drei Zeilen ging es um Ausgleichszahlungen für fünf Windräder, eine Einmalzahlung von 115.000 Euro und um jährliche Zuwendungen in Höhe von 7.500 Euro als Ersatz für ausbleibende Gewerbesteuer. Dazu muss man wissen, das Prof. Mengel, Vorsitzender der Kreistagsfraktion „Rettet die Uckermark“ und profilierter Windfabrikgegner, ebenfalls Mitglied des Casekower Gemeinderates ist.

Was Hans-Joachim Mengel als Gemeinderatsmitglied getan hatte, konnte Donata Oppelt ebenfalls schildern. Anfangs war Mengel der Meinung, dass Windenergiefirmen derartige Ausgleichszahlungen grundsätzlich nie leisten würden. Nachdem er erkennen musste, dass zumindest die Enertrag diese Gelder sehr wohl überweisen wollte, legte er im Gemeinderat dar, dass die Gemeinde aufgrund ihrer enormen Verschuldung rechtlich dazu gezwungen ist, diese Gelder für den Abbau ihrer Schulden zu verwenden. Keinesfalls dürfe die Gemeinde diese Gelder wie geplant für andere ihr wichtige Etatposten nutzen. Ein Gespräch mit der Kommunalaufsicht bestätigte die Argumentation des Professors und machte dem Gemeinderat auch klar, dass man nicht bereit war, hier eine Ausnahme zuzulassen. Im dritten Schritt erklärte Professor Mengel, dass Gerichte derartige Ausgleichszahlungen eines Investors, für die es keine rechtlichen Grundlagen gibt, durchaus als Bestechung werten könnten. Auch hier wurde wieder Rücksprache mit der Kommunalaufsicht genommen. Und nachdem man bei der Kommunalaufsicht erklärt hatte, dass Staatsanwälte und Gerichte diese Zahlungen so sehen könnten, entschloss sich die Gemeinde die drei Zeilen im Vertrag zu streichen.

Mit dieser Aussage entpuppten sich die honorigen Spenden der Enertrag als Etikettenschwindel, als Umwidmung von Geldern, die vertraglich vereinbart waren. Bei deren Zahlung aber die Gefahr bestand, dass sich die Abgeordneten dem Verdacht der Korruption aussetzen. (peter huth)

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